„An welchen Projektabschluss denkt ihr gerne zurück?“, fragte ich Kollegen. Ich wollte mich mit ihnen dazu austauschen und erfahren, welche Ideen sie zur Gestaltung solcher Sessions haben. Was folgte war alles andere als das, was ich erwartete. Wir stellten fest, dass wir alle kaum Projektabschlüsse kennen. Bei uns selbst und unseren Kunden ist dies ein Projektschritt, der meistens nicht durchgeführt wird. Statt dessen fangen die meisten Projekte und Vorhaben glamourös an und werden dann halbherzig zu Ende geführt – so wie das Pferd auf dem Bild skizziert wurde … gleiches gilt übrigens für Mitarbeiter-onboardings und Abschiede!
In diesem Artikel erfährst du, wieso das so ist und was die Chancen und Potentiale eines Projektabschlusses und guten Abschieds sind. Am Ende erfährst du vier Fragen, die du nicht nur für berufliche Projektabschlüsse einsetzen kannst sondern auch für persönliche Jahresreviews oder wertschätzende Mitarbeiter-Abschiede.
Projektabschlüsse: wieso wir sie eher vergessen
Themen und Projekte anfangen, fällt uns leichter, als diese abzuschließen. Wir beginnen eher fünf neue Sachen als bei einer Sache konstant zu bleiben. Wieso ist das so? Einerseits gibt es immer weniger klassische Projekte und Projektenden. Alles geht immer weiter. Wir sind kollektiv getrieben, uns zu beeilen und aktiv zu sein – social media sei dank. Zudem gibt es in den seltensten Fällen Ziele, die irgendwann erreicht werden, weil die Ziele eher wie Fixsterne sind, die nie erreicht werden können. So kann es passieren, dass auf einmal unzählige Themen und Projekte in der Luft hängen. Einerseits weil einfach viel zu tun ist. Andererseits weil es schwierig ist, sich von Themen zu verabschieden. Die innere Unruhe steigt, die Produktivität sinkt.
Was gewinnen wir mit einem Blick zurück?
Projektabschlüsse: Wichtiger Faktor für Motivation, Zufriedenheit und Weiterentwicklung
Projektabschlüsse bzw. Reviews von wichtigen Phasen sind ein bewusster Endpunkt. Sie ermöglichen ein Anhalten, Pausieren und Reflektieren. Sinngemäß bleiben wir auf dem Berggipfel sitzen, schauen auf den zurückgelegten Weg und genießen für einen Moment die Aussicht – statt direkt auf den nächsten und höheren Berg weiter zu rennen.
Das gibt uns ein gutes Gefühl. Das Gefühl, dass es sich gelohnt hat, ein Gefühl der Weiterentwicklung und Wertschätzung des Erreichten. Ansonsten hängen immer mehr lose Enden in der Luft, wir jonglieren immer mehr Bälle oder rennen rastlos von Gipfel zu Gipfel. Das erschöpft.
Würdigen wir Fortschritte und Erfolge, hat dies positive Effekte auf unsere mentale und emotionale Gesundheit und letztlich unsere Motivation. Denn es werden alle drei Prinzipien für unsere Gesundheit, Motivation und letztlich Vertrauensgefühl angesprochen:
1. Unser „Herz“ sehnt sich nach einem Gefühl von Bedeutung: Wir möchten spüren, dass sich unser Einsatz gelohnt hat. Wir möchten uns weiter entwickeln und spüren, dass wir Fortschritte machen.
2. Unser „Kopf“ möchte verstehen, was passiert (ist) und Geschehnisse einordnen: Wir möchten Zusammenhänge erkennen, lernen und nächste Schritte verstehen.
3. Unsere „Hand“ hat das Bedürfnis, Aufgaben zu bewältigen und sich kompetent zu fühlen: Wir möchten das Gefühl haben, dass wir unser Leben bewältigen können. Dazu benötigen wir einerseits ein gutes Gespür für unsere Kompetenzen und Erfahrungen. Und andererseits benötigen wir schlichtweg Pausen und Entspannung.
Projektabschlüsse und Abschiede: Was sie mit Haltung zu tun haben
Projektabschlüsse sind wertvoll, um Projektphasen oder komplette, laufende Projekte abzuschließen. Doch sie können darüber hinaus Sinn machen, um sich grundsätzlich von Themen und Projekten zu verabschieden, die weiter da sind ohne dass wir sie aktiv bearbeiten. Das sind die Projekte, die wir in unseren Listen immer mitschleppen, jeden Monat reviewen aber nichts machen.
Dann ist es Zeit, Haltung und Position zu beziehen: Sich Zeit nehmen, Inne halten und sich ehrlich fragen, wozu die Projekte/Themen noch gut sind, worauf sie einzahlen oder ob es an der Zeit ist, sich von diesen Themen zu verabschieden. Es bedarf darüber hinaus eine stabile innere Haltung, diese Trennung von Projekten an andere zu kommunizieren.
Im laufenden Geschäft ist es wie eingangs skizziert unüblich, Projekte abzuschließen und sich bewusst dafür Zeit zu nehmen. Häufig wird anfangs sehr viel in Projekte investiert und zum Abschluss wird es halbherziger, man will es einfach nur zum Ende bringen.
Eine Parallele von Projektverläufen und den einzelnen Phasen sehe ich bei den verschiedenen Phasen, die ein Mensch in einer Organisation durchläuft: Bei der Mitarbeitergewinnung wird viel investiert und ein schönes Bild gezeichnet. Viele Menschen geben sich Mühe, dass es dem Menschen gut geht. Ist das onboarding gut verlaufen, können die Zügel und der Einsatz lockerer gelassen werden. Doch verlässt geht ein Mensch die Organisation, wird zumeist nur noch wenig in einen würdigen Abschied investiert. Hierzu benötigt es eine starke Haltung der Führungskraft, um genau dies zu ermöglichen.
Projektabschlüsse und Abschiede – so geht es: 5 Fragen mit Herz, Kopf und Hand
Mit den folgenden vier Fragen kannst du Abschüsse und Abschiede gut gestalten. Du kannst und solltest diese Leitfragen natürlich auf deinen Kontext anpassen:
1. Gesamtzufriedenheit: Wenn ich auf die abgeschlossene Phase (unsere Zusammenarbeit) insgesamt zurückblicke – wie zufrieden bin ich insgesamt auf einer Skala von 1-10?
2. Herz – positive Emotionen: Was waren Highlights und was war unser Beitrag dazu?
3. Hand – Herausforderungen und Mut: Was waren schwierige Momente und wie haben wir sie bewältigt?
4. Kopf – Learnings: Was haben wir gelernt (über uns und andere)?
5. Potential: Wenn wir das insgesamt betrachten, was wird dadurch in der Zukunft möglich, welches Potential scheint durch?
Besprichst du diese Leitfragen im Team, nehmt euch circa zwei Stunden Zeit.
Ich wünsche dir viel Freude und gute Abschlüsse! Und ich freue mich natürlich, wenn du den Artikel in deinem Netzwerk teilst. Vielen Dank!
Quellen:
Der Text stammt größtenteils aus meinem aktuellsten Buch! Schau direkt hinein (einfach auf das Bild klicken) und bestell es dir – es ist wie ein praxisnaher Workshop mit dir selbst.
Das Bild mit dem Pferd kursierte in den sozialen Netzwerken als die Qualität der Staffeln einer sehr bekannten Serie diskutiert wurde – am Anfang großartig und dann nur noch dahingekritzelt …