Ich hasse Feedback. Nein, ich fürchte Feedback, ich mag kein Feedback nehmen. Lieber bleibe ich unter meiner Käseglocke, weiß, dass ich Fehler mache als dass ich mir anhöre, was ich schlecht mache. Weil ich so mit mir und meinen Ängsten beschäftigt war, gab ich auch kein Feedback. So sah meine innere Haltung bis vor ein paar Jahren aus. Mittlerweile habe ich mich deutlich weiterentwickelt, bezeichne mich jedoch immer noch als Lernende.
Mit den folgenden Bildern und zwei großartigen Regeln unterstütze ich Menschen in Organisationen, so dass sie offener und erwachsener Feedback geben. Denn eines ist klar: Wir alle brauchen mehr und mehr diese Kompetenz. Eine offene Kommunikation wird immer wichtiger in den vielzitierten agilen Zeiten.
1. Feedback umwerten und vertrauen
Die meisten Menschen sehen kritisches Feedback als rotes Tuch. Sie bewerten Feedback als negativ, fühlen sich angegriffen oder kritisiert. Überleg einmal, ob Du Feedback innerlich anders bewerten kannst. Eine mögliche innere Umdeutung wäre: „Ich sehe die Rückmeldung als Chance, mich weiterzuentwickeln.“ Das zeigt mir, dass die andere Person wirklich an mir interessiert ist und in mir Potentiale sieht, die mir noch gar nicht aufgefallen sind. Beantworte Dir ehrlich die Frage: Aus welchen Rückmeldungen habe ich am meisten gelernt und wieso?
Ganz ehrlich, mich beschäftigen kritische, konstruktive Rückmeldungen immer noch. Manchmal ärgern sie mich. Doch eines ist sicher: Sie sind immer ein extrem wichtiger Entwicklungsimpuls für mich gewesen. Und sie kamen (im Nachhinein betrachtet) genau zur richtigen Zeit.
2. Feedback mit „Kartoffel“ oder auch unterscheiden zwischen Person und Verhalten
Sowohl wenn Du Feedback bekommst, als auch wenn Du Feedback gibst denk immer an die „Kartoffel“. Die Geschichte mit der Kartoffel ist von einer Kundin. Sie hat von einer Feedbackkultur in einer Restaurantküche erzählt. Dort geht es meist direkter zu … Als ein Lehrling von dem Feedback seines Chefs eingeschüchtert war, hat der Chef gemeint: „Es geht doch nicht um Dich, sondern darum, wie Du die Kartoffeln geschält hast. Nicht Du, die Kartoffel!“
Ich finde diesen Vergleich richtig gut. Denn er verdeutlicht: Unser Verhalten ist sichtbar und das darf „bemerkt“, gelobt oder auch als verbesserungswürdig angesehen werden. Doch wir als Person sind viel viel mehr als unser Verhalten.
Die Menschen, die mit uns leben und arbeiten, kennen zumeist nur einen Ausschnitt unserer Persönlichkeit.
Wir können entscheiden, wenn wir Feedback bekommen, wie weit wir es an uns heranlassen. Dazu passt das nächste Bild: Die Funktionsjacke.
3. Was eine Funktionsjacke mit Feedback zu tun hat
Es gibt Funktionsjacken für windiges und regnerisches Wetter. Meine hat nicht nur eine tolle Außenmembran sondern noch eine abtrennbare Innenjacke aus einem weichen Fleecestoff. Neulich habe ich diese gesucht und gefragt: „Wo ist mein Innenleben?“ Diese Frage stelle ich mir nicht nur, wenn ich meinen Fleece suche, sondern auch wenn ich menschliche Kommunikation beobachte. Da sehe und höre ich ganz oft nur die wind- und wasserabweisende Außenmembran. Ich glaube, das ist ein Schutz. Und dieser ist auch in Ordnung, wenn wir etwas hören, wodurch wir uns angegriffen fühlen oder was uns verletzt.
Doch ich möchte ermutigen, das Innenleben zu zeigen, nicht nur die Maske. Wir brauchen mehr Menschlichkeit im Miteinander.
Das bedeutet: Sagen, wie es uns mit dem Feedback geht, was wir darüber denken und wie wir fühlen. Hört sich weichgespült an, oder? Ist es jedoch nicht. Es ist ein Zeichen von Stärke, Reife und Mut.
Und vielleicht machst Du dann auch die Erfahrung, dass der Gesprächspartner ebenfalls seine Funktionsjacke aufmacht und einen Einblick in sein Innenleben zulässt.
Feedback: So geht es konkret mit zwei Regeln
Die www-Regel
Diese Regel stammt aus der gewaltfreien Kommunikation. Sie beschreibt drei Stufen, wie wir konkret eine Rückmeldung geben können. Wichtig sind „Ich-Botschaften“.
1. Wahrnehmung äußern: In Ich-Botschaften formuliere ich das, was ich im Verhalten der Person wahrnehme, was ich sehe und höre.
„Ich höre in letzter Zeit immer weniger in Besprechungen von Dir. Ich sehe wenig Beteiligung und wenn, dann höre ich „Nein, das geht nicht.“ “
2. Wirkung beschreiben: Ich beschreibe, wie sich die Beobachtung bei mir (im Innenleben) auswirkt. Was ich darüber denke und fühle.
„Ich bin irritiert und unsicher. Ich frage mich, ob ich etwas falsch gemacht habe. Und gleichzeitig bin ich auch langsam wütend und genervt, dass ich so viel Widerstand höre. Ich merke, dass ich das nicht mehr lange akzeptieren möchte.“
3. Wunsch definieren: Ich äußere meine Erwartung an den anderen.
„Ich möchte, dass Du das weißt, dass mir das aufgefallen ist und dass ich mir Gedanken mache. Ich möchte, dass Du mal überlegst, wieso das so ist, dieses Gespräch jetzt einmal sacken lässt und wir uns dann nächste Woche nochmal zusammen setzen.“
Ressourcenorientiertes Feedback
Eine schöne Möglichkeit finde ich die Feedback-Struktur, die bei sipgate gelebt wird. Dort geben sich die Mitarbeiter anhand folgender Bausteine konstruktiv Rückmeldungen:
1. „Keeps“: Das machst Du gut, behalte es bei!
2. „Ideas“: Da sehe ich Entwicklungspotential für Dich.
3. „Highlights“: Das machst Du einzigartig, da sind Deine Talente.
Beide Regeln verdeutlichen: Feedback geht nicht ohne eine gute Wahrnehmung von sich selbst und dem Anderen. Wie immer können wir bei uns selbst anfangen. Frage Dich daher selbst: Was mache ich gut? Wo sehe ich bei mir Entwicklungspotential und was macht mich einzigartig, was sind meine Talente? … Nur Mut!
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