Seit fünf Wochen bin ich nun auf meiner ganz persönlichen Lernreise „Zuhören“. Den ersten Monat beschreibe ich für mich insgesamt als Orientierung bekommen: Wo gibt es überall Möglichkeiten zuzuhören? Wem und was kann ich überhaupt zuhören? Was gehört alles zu dieser Kompetenz?
Insgesamt bin ich immer noch inspiriert, mich weiter mit „Zuhören“ zu beschäftigen. Zuhören ist ein vielschichtiges Thema. Ich merke, dass ich täglich dazulerne. Ich bin feinfühliger, feinsinniger geworden. Merke schneller, wann ich und wie ich zuhöre. Ertappe mich mehrmals täglich, dass ich nicht zuhöre, sondern nur höre und am „downloaden“ bin. Immerhin: Es fällt mir schneller auf.
Ich habe viel über Zuhören und mich gelernt in den letzten Wochen. Meine Top 3:
- Mitschreiben lenkt mich vom Zuhören ab. Ich mache mir deutlich weniger Notizen in einem Gespräch, sondern nehme mir nach einem Termin die Zeit dafür. So bin ich mehr beim Gesprächspartner und kann mich besser in den Dialog und die Person einlassen.
- Es gibt unterschiedliche Intentionen und Ausrichtungen beim Zuhören. Je nachdem, welche Rolle ich im Gespräch habe. Als Unternehmerin und zugleich Vertrieblerin möchte ich die Herausforderungen und Zielsetzungen gut verstehen. Als Coach wiederum geht es meist um ein Einfühlen in die Situation und Potentiale des Coachées. Im Privaten, zum Beispiel als Ehefrau, ist es ein neugieriges Zuhören und ein Reinfühlen in die Frage „Was braucht die andere Person, what’s needed?“ wichtig.
- Spiegeln des Gehörten und Nachfragen „Lass mich gerade mal zusammen fassen … habe ich das so richtig verstanden?“ oder ein „Du hast jetzt schon dreimal den Begriff ‚langweilig‘ genutzt, was meinst du damit?“ haben eine enorm hohe Wirkung.
Was mir insgesamt aufgefallen ist: Wenn ich selbst Aufmerksamkeit benötige, kann ich keine Aufmerksamkeit geben und kann nicht gut zuhören.
Je zufriedener ich mit mir bin, je gefestigter ich bin, umso eher höre ich zu. Ich merke immer mehr, dass es beim Zuhören weniger um mich geht als vielmehr um die Person, der ich zuhöre.
Je mehr ich von mir selbst loslasse und mich wirklich einlasse, umso besser kann ich in ein Gespräch eintauchen und wirklich da sein. Bin ich in mir selbst verstrickt und mit mir selbst beschäftigt, ist meine Aufmerksamkeit viel zu sehr bei mir. Ich merke dies in Gesprächen an meinem Kopfkino: „Wie führe ich das Gespräch?“, „Was denkt der/die jetzt wohl?“, „Mache ich es richtig?“, „Höre ich jetzt richtig zu?“ oder auch „Hey, ich will kompetent erscheinen“ usw. usf. …
Fühle ich mich dagegen in mir sicher und stabil, habe ich also eine gute Haltung zu mir selbst, gehe ich offen in den Dialog.
Mein Kopfkino ist ruhig. Ich bin innerlich zufrieden und benötige das Gespräch nicht, um mich besser zu fühlen. Vielmehr stehe ich der anderen Person zur Verfügung, bin voll und ganz da.
Sprich: gutes Zuhören erfordert innere Stabilität und eine gute innere Haltung. Dadurch ist es möglich, durch’s Zuhören dem Menschen zu dienen und ihn wertzuschätzen. Für mich bedeutet dies, dass ich mir morgens ein paar Minuten Zeit nehme, ganz für mich mit einem Kaffee und mich in Ruhe auf den Tag einstimme. Mir ein paar Notizen mache. Und dass ich mich vor Gesprächen sammle, mich in mich und die andere Person hineinfühle und dann möglichst offen und neugierig in den Austausch starte.
„Ich glaube, das größte Geschenk, das ich von jemandem bekommen kann, ist, dass er mich sieht, mir zuhört, mich versteht und mich berührt. Das größte Geschenk, das ich einem anderen Menschen machen kann, ist, ihn zu sehen, ihm zuzuhören, ihn zu verstehen und ihn zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Kontakt.“ Virginia Satir (Familientherapeutin, 1916 – 1980)
Was brauchst du, damit du gut zuhören kannst?