Innere Haltung: Eine Parabel zur Haltungsänderung

Wieso verhält diese Person sich so? Wieso wurde das so entschieden? Die spinnen doch, das können die doch nicht machen, daran haben die nicht gedacht! Wissen die überhaupt, wie es mir damit geht? Ich finde, das ist ungerecht, wie soll das gehen? … Egal, ob es um Diskussionen rund um ein Projekt, um Entscheidungen geht oder aktuell wie mit den steigenden Zahlen der Covid-19-Fällen umgegangen wird … Ich bin müde von diesen Diskussionen und vor allen Dingen, mit welcher inneren Haltung diese Diskussionen geführt werden. Was mir hilft? Eine Parabel. Vielleicht hilft dir diese Geschichte sowie die 5 Tipps für den Führungsalltag auch – beruflich und in privaten Kontexten.

Innere Haltung: Die Parabel von den Blinden und dem Elefanten

„In einem Königreich lebten einst fünf weise Gelehrte. Und sie alle waren blind. Ihr König schickte sie auf die Reise nach Indien, um herauszufinden, was ein Elefant ist. Dort angekommen, wurden sie von einem Helfer zu einem Elefanten geführt. Sie standen dann um das Tier und versuchten, sich durch Ertasten ein Bild von dem Elefanten zu machen. Wieder zurück beim König sollten sie über den Elefanten berichten.

Der erste blinde Gelehrte hatte das Ohr des Tieres ertastet und begann: „Der Elefant ist wie ein großer Fächer“. Der zweite Blinde, der den Rüssel berührt hatte, widersprach ihm: „Nein, er ist ein langer Arm.“ „Stimmt nicht, er fühlt sich an wie ein Seil mit ein paar Haaren am Ende“, entgegnete jener Gelehrte, der den Schwanz des Elefanten ergriffen hatte. „Er ist wie eine dicke Säule!“, berichtete der vierte blinde Gelehrte, der das Bein ertastet hatte. Und der fünfte, der den Elefantenrumpf berührt hatte, meinte: „Der Elefant ist wie eine riesige Masse mit einigen Rundungen und Borsten darauf.“ Sie konnten sich nicht einigen, was ein Elefant wirklich ist. Aufgrund ihrer widersprüchlichen Aussagen fürchteten die Gelehrten den Zorn des Königs.

Doch der König lächelte weise: „Ich danke euch, denn nun weiß ich, was ein Elefant ist: Ein Elefant ist ein Tier mit Ohren wie Fächer, mit einem Rüssel, der wie ein langer Arm ist, mit einem Schwanz, der einem Seil mit ein paar Haaren daran gleicht, mit Beinen, die wie starke Säulen sind und mit einem Rumpf, der wie eine große Masse mit einigen Rundungen und ein paar Borsten ist.”

Die Gelehrten senkten beschämt ihren Kopf, nachdem sie erkannten, dass jeder von ihnen nur einen Teil des Elefanten ertastet hatte und sie sich zu schnell damit zufriedengegeben hatten.“

Innere Haltung: Was die Parabel uns lehrt

Wie verstehe ich diese Parabel? Die Herausforderungen, in denen wir uns aktuell in Organisationen und noch dazu aktuell mit Covid-19 befinden, sind komplex und groß. Sie sind größer als ein Elefant. Darüber hinaus sind die metaphorischen Elefanten sehr dynamisch und verändern sich.

1. Es ist also vermessen, DIE Wahrheit zu kennen, wie die Blinden in der Parabel. Jeder von uns ist auf eine Art blind. Denn wir sehen nur unsere Wahrheit vor unserer Nase. Das, was wir gerade erleben und erfassen können.

2. Eine Sichtweise kann nicht absolut sein, sondern nur relativ – in Relation zum Gesamtbild, zum Gesamtkontext.

3. Wenn wir wissen, dass wir vieles nicht wissen, sind wir offener für andere Meinungen und Ergänzungen zu unserem eigenen Bild.

Innere Haltung: Wir brauchen eine Haltungsänderung in komplexen Themen

Es gibt also kein Falsch, jede Wahrnehmung ist aus Sicht des Betrachters richtig. Dennoch wird sehr häufig diskutiert, was richtig oder falsch ist oder wieso die eigene Meinung richtiger/besser ist. Dies ist nicht mehr zeitgemäß und kostet viel Energie und Zeit. Zugleich ist dies eine eher geschlossene, innere Haltung. Sie ist hilfreich bei linearen und komplizierten Themen, in klassischen Fragestellungen. Und blöderweise verfallen wir in diese Haltung, wenn wir angespannt und im Stress sind. Wir sind dann in einem Tunnelblick und kämpfen innerlich ums Überleben – und wenn es nur das Ego ist, was überleben will.

Diese Haltung ist anstrengend. Sie hilft uns nicht bei den aktuellen, komplexen, dynamischen Herausforderungen. Vielmehr brauchen wir mehr eine Haltung des Lernens – voneinander und von den Herausforderungen und Anforderungen an uns. Wir brauchen eine Haltung, mit der wir uns auch innerlich entspannen können.

Es geht nicht mehr um „Blamen“ (anschuldigen), es geht mehr um Lernen. Das bedeutet auch, sich vom eigenen Ego, was recht haben will, ein wenig zu trennen. Und selbstverantwortlicher zu agieren. Denn wenn ich die Schuld nicht mehr abschiebe, bedeutet es automatisch, dass sich die Selbstverantwortung erhöht. Selbstverantwortlich lernen, die eigene Vorstellung und Wahrheit erweitern.

Innere Haltung ändern: Ableitungen für den Führungsalltag

1. Du nimmst die Position des Königs in der Parabel ein. Du bist für den Gesamtüberblick verantwortlich.

2. Ermögliche den Austausch verschiedener/aller Sichtweisen im Team oder hole dir zu komplexen Themen verschiedene Sichtweisen ein, versuche die Gründe für die Sichtweisen zu verstehen.

3. Habe Verständnis für die verschiedenen Meinungen und Wahrnehmungen und gleichzeitig …

4. Erinnere und kommuniziere regelmäßig den Sinn, Zweck und die Ausrichtung des „Elefanten“, so dass alle den Gesamtkontext erkennen und ihr Wahrnehmen und ihr Handeln daran ausrichten.

5. Führe regelmäßig Retrospektiven zur Zusammenarbeit allgemein bzw. in Projekten durch, um gemeinsam voneinander und miteinander zu lernen.

Und vor allem: Entspann dich ein wenig. Auch wenn es heftig ist. Frage mehr „Was kann ich, können wir aus dieser Situation lernen?“ statt „Wer hat recht?“.

Wie erlebst du Diskussionen in deinem Umfeld? Was hilft dir? Ich freue mich über Kommentare und Erfahrungen – und natürlich, wenn du diesen Beitrag teilst. Danke! Bleib gesund und munter …

Quellen

Foto: Privat 

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